V. ADDENDA
7. Philipp Ernst Raufseysen: ... heute leb ich, das ist mir genug. Verwegene
Gedichte eines Greifswalder Troubadours. Herausgegeben von Horst Langer.
Karl-Lappe-Verlag Greifswald 2016.
 |
Der glückliche Ehemann
Das Muster recht beglückter Ehen,
dergleichen wenige zu finden sind,
kann man in meiner Ehe sehen.
Wir leben wie unschuldge Kinder
und lieben uns noch heut nicht minder
als an dem Tag, da wir verbunden sind.
Ihr lacht und glaubt, dass dies nicht möglich ist,
ich aber schwör euch zu. Doch wisst:
Mein Weib ist stumm, und ich bin blind.
Philipp Ernst Raufseysen
|
Aus dem Vortitel des Bandes
Vor zweieinhalb Jahrhunderten mischte der Dichter Philipp Ernst Raufseysen
(1743 1775) das Leben in Greifswald kräftig auf. Neben seiner
Lehrtätigkeit an der Universität leitete er auch deren Studentenbühne.
Ungeachtet ihrer zustimmenden öffentlichen Resonanz gab es unter
Honoratioren der Stadt Argwohn gegenüber dem vermeintlich ungezügelten
Treiben der Akteure. Vorgeblich, weil diese vom Studium abgehalten wurden
und Gerüchte von einer theatralischen Gesellschaft auswärtige
Fürsten dazu bewegen konnten, ihren Landeskindern den Besuch der
Greifswalder Hohen Schule zu untersagen.
Literarisch trat Raufseysen an der Wende von Aufklärung und Empfindsamkeit
hervor. Folgerichtig schritt er ein weites Feld an Themen, Stoffen und
Motiven aus. Es reicht vom traditionsbewussten Lob des Landlebens und
der Ruhe des Gemüts über die humoristisch-spielerische, oft
ironische oder satirische Reflexion des bürgerlichen Alltags bis
zur ausgelassenen Feier von Bacchus und Amor. Neben lustvollen anakreontischen
Versen finden sich in den Texten des Troubadours teils deftige
Spottgedichte und Scherzreden, etwa auf eine liederliche Buhlerin oder
auf tölpelhafte Männer, zum ebenso kurzweiligen wie nachdenklich
stimmenden Vergnügen der Leser - oder Hörer. Denn die Gedichte
eignen sich bestens zum launigen Vortrag in geselliger Runde.
zurück
|